Um Lernende in ihrem Lernprozess positiv zu unterstützen, sind informative Rückmeldungen zu ihren individuellen Lernständen notwendig, die in den weiteren Lernprozess einfließen und diesen unterstützen. Diese Rückmeldungen sollten nicht nur produktorientiert und am Ende des Lernprozesses gegeben werden (Bürgermeister et al., 2014). Werden digitale Medien eingesetzt, so können diese unmittelbar nach der Bearbeitung einer Aufgabe Rückmeldungen geben. Besonders zu bedenken ist hierbei jedoch, dass es noch sehr wenige Apps gibt, die fachlich informative und lernförderliche Hinweise geben können. Ein einfaches “falsch” oder “richtig” reicht hier nicht aus. Besonders günstig erscheinen Rückmeldungen, die die Lernenden dabei unterstützen, ihren eigenen Lernweg zu überdenken und umzustrukturieren (Urff, 2010; Urff, 2014). Auch wenn viele Programme bereits versuchen, hilfreiche und insbesondere direkte Rückmeldungen zu geben, gibt es derzeit noch kaum Programme, die Kriterien für eine fachbezogene lernförderliche Rückmeldung genügen.
(Das im Clip verwendete Beispiel lehnt sich an die App “Stellenwerte üben” an.)
Unterrichtsorganisatorische Potentiale
Material nutzen
Werden digitale Medien genutzt, um physische Anschauungsmittel zu simulieren, so besitzen diese das Potential, dass ihre Anzahl (nahezu) unbegrenzt ist. Das heißt, jedes Kind kann auf einen großen Pool an Material zugreifen, ohne dass dieses in vielfacher Ausführung vorhanden sein muss. Darüber hinaus bietet dieses virtuelle Material den Vorteil, dass es leichter zu organisieren und zu strukturieren ist (bereitstellen/ wegräumen, Materialien verbleiben auf der Arbeitsfläche, Arbeitsfläche ist mobil) (Ladel, 2018; Krauthausen, 2012a).
Inhalte & Ergebnisse veranschaulichen
Durch den Einsatz digitaler Medien ist es häufig möglich, Arbeitsergebnisse schnell allen Schülerinnen und Schülern verfügbar zu machen, was eine anschließende Reflexionsphase vereinfachen kann. Darüber hinaus ist es leicht möglich, die digital erzeugten Ergebnisse zu speichern und somit langfristig verfügbar und nutzbar zu machen. Bei der Verwendung grafischer Veranschaulichungen (Illustrationen, Animationen, Filme, etc.) ergeben sich Chancen, Hürden menschlicher Wahrnehmung (z. B. verringerte oder verlangsamte Aufnahmefähigkeit von Inhalten, o.ä.) zu bewältigen. So können Visualisierungen mit für das Mathematiklernen relevanten Inhalten versehen werden. Dazu können Markierungen, Stopp-Punkte, Hinweise oder Ähnliches zum Einsatz kommen. Darüber hinaus kann die Wiedergabe beliebig oft wiederholt und in ihrer Wiedergabegeschwindigkeit angepasst werden. Auch die Anpassung der ausgegebenen Sprache durch bspw. den Einsatz von Untertiteln, kann dazu beitragen, dass mathematische Inhalte allen Schülerinnen und Schülern leichter zugänglich gemacht werden (Irion & Kammerl, 2018).
Lernprozesse dokumentieren
Der Einsatz digitaler Medien ermöglicht den Lernenden und Lehrenden einfach, schnell und selbständig Audio-, Video- oder Bildmaterial von digitalen wie auch analogen Arbeitsergebnissen oder Prozessen zu erzeugen, welches dann für die Reflexion des Lernens genutzt werden kann. Eigene Lern- und Bearbeitungsprozesse können als Video-, Bild- oder Audiomaterial aufgezeichnet, zur Reflexion angesehen und verfügbar gemacht werden (Irion & Kammerl, 2018).
Mit dem nachfolgenden “Leitfragenkatalog zur Appauswahl” wird Ihnen ein Instrument angeboten, welches Ihnen dabei helfen kann die Eignung einer App hinsichtlich ihres Einsatzes im Unterricht kriteriengeleitet einzuschätzen.
Zudem wird Ihnen in “Auswahl von Software – Leitgedanken und Beispiele” der Umgang mit dem Leitfragenkatalog an zwei Beispielen anschaulich vorgestellt.
Für die verschiedenen Betriebssysteme besteht ein umfangreiches Angebot an Apps – gerade in der Kategorie „Bildung“. Bei näherer Analyse erscheinen jedoch nicht alle Apps sinnvoll für den Mathematikunterricht zu sein (Krauthausen, 2012a; Krauthausen, 2012b; Leuders, 2019; Borys et al., 2014). Diese Liste soll eine Auswahl an Positivbeispielen darstellen, die verschiedene Einsatzmöglichkeiten bieten. Da das Appangebot stetig wächst, soll hiermit kein Anspruch auf Vollständigkeit erhoben werden. Es gibt sicherlich weitere positive Appbeispiele, die hier (noch) nicht aufgeführt werden. (Empfehlungen zur Ergänzung der Liste nehmen wir gerne unter pikas-digi@dzlm.de entgegen.) Die Liste ist dabei in fünf Abschnitte gegliedert, wobei diese nicht immer trennscharf voneinander abgegrenzt werden können und somit auch alternative Unterteilungen denkbar wären.
1. Apps als Arbeitsmittel
In diesen Apps werden bekannte didaktische Materialien, die im Unterricht als Arbeitsmittel eingesetzt werden, virtuell abgebildet. Sie bieten in der Regel eine Erweiterung der physischen Materialien durch die Ausnutzung spezifischer Potentiale des digitalen Mediums. So werden in vielen Apps die unterschiedlichen Darstellungsebenen miteinander vernetzt (Krauthausen, 2012a). Wie auch beim Einsatz analoger didaktischer Materialien gilt hier, dass das Material begleitend eingesetzt wird, um von der Lehrkraft gestellte Aufgaben zu bearbeiten.
2. Apps als Aufgabenformate
Diese Apps sind virtuelle Umsetzungen bekannter Aufgabenformate, die – wie ihre analogen Entsprechungen – konkreter Aufgabenstellungen oder Forscheraufträgen durch die Lehrkraft bedürfen (Krauthausen & Scherer, 2014). Es bietet sich an, diese in entsprechende Unterrichtsreihen zum Aufgabenformat einzubinden. Hier erscheint insbesondere auch die Kombination mit dem analogen ,pencil & paper‘ Format sinnvoll, um die Potentiale beider Darbietungsarten voll auszuschöpfen (Ladel, 2018). In Abgrenzung zu analogen Aufgabenformaten bieten diese Apps häufig eine Erweiterung durch die Ausnutzung spezifischer Potentiale des digitalen Mediums. So wird bspw. in vielen dieser Apps das reine Rechnen automatisch durchgeführt, so dass die kognitiven Ressourcen vielmehr zur Erkundung mathematischer Zusammenhänge genutzt werden können (Walter, 2018). Darüber hinaus stellen diese Apps häufig unterschiedliche Darstellungsweisen synchron dar, was den Lernenden dabei unterstützen kann, ein adäquates Zahlverständis aufzubauen (Ladel, 2018).
3. Apps zum Üben und Automatisieren
Bei diesen Apps erfolgt die Ausgabe von Aufgaben in der Regel über einen Zufallsalgorithmus. Entweder wird eine Aufgabe von dem Programm generiert oder es wählt diese aus einem zuvor festgelegten Aufgabensortiment aus. Die Aufgabe wird anschließend ausgegeben, um vom Lernenden gelöst zu werden. Häufig erhält er ein sofortiges Feedback zu seiner Lösung. Da dieser behavioristische Ansatz nicht auf den Verständnisaufbau, sondern das Abrufen von Faktenwissen abzielt, eignen sich diese Apps besonders für das Automatisieren bereits verstandener Inhalte – also für Übungs- und Festigungsphasen nach dem Verständnisaufbau (Urff, 2014; Ladel, 2017).
4. Apps zum Nachdenken und Knobeln
Diese Apps sind eher dem Unterhaltungsbereich zuzuordnen und weisen häufig einen spielerischen Charakter auf. Dennoch können sie Chancen bieten, sowohl inhalts- als auch prozessbezogene Kompetenzen zu fördern. Insbesondere können hier die Förderung des räumlichen Vorstellungsvermögens, des strategischen Vorgehens, aber auch der Aufbau eines Zahlenblicks unterstützt werden (Krauthausen, 2012a). Einige dieser Apps bergen also gewisse mathematikdidaktische Potentiale. Diese gilt es unserer Meinung nach im Einzelfall auszumachen und sinnvoll in den Unterricht zu integrieren. Hierbei sollte insbesondere bedacht werden, dass diese Apps in der Regel in sich geschlossen sind, was möglicherweise eine unterrichtliche Einbindung erschweren kann. Eine Schwäche einiger dieser Apps sehen wir darin, dass häufig Ergebnisse durch reines Ausprobieren erzielt werden können. Um jedoch die zuvor beschriebenen prozessbezogenen Kompetenzen nachhaltig aufzubauen, bedarf es immer einer Reflexion des eigenen Vorgehens. Daher sollte in der unterrichtlichen Einbindung dieser Apps darauf geachtet werden, dass diese angeregt und eingefordert wird.
5. Weitere Apps
Diese Apps sind eher dem Unterhaltungsbereich zuzuordnen und weisen häufig einen spielerischen Charakter auf. Dennoch können sie Chancen bieten, sowohl inhalts- als auch prozess- bezogene Kompetenzen zu fördern. Insbesondere können hier die Förderung des räumlichen Vorstellungsvermögens, des strategischen Vorgehens, aber auch der Aufbau eines Zahlenblicks unterstützt werden (Krauthausen, 2012a). Einige dieser Apps bergen also gewisse mathematikdidaktische Potentiale. Diese gilt es unserer Meinung nach im Einzelfall auszumachen und sinnvoll in den Unterricht zu integrieren. Hierbei sollte insbesondere bedacht werden, dass diese Apps in der Regel in sich geschlossen sind, was möglicherweise eine unterrichtliche Einbindung erschweren kann. Eine Schwäche einiger dieser Apps sehen wir darin, dass häufig Ergebnisse durch reines Ausprobieren erzielt werden können. Um jedoch die zuvor beschriebenen prozessbezogenen Kompetenzen nachhaltig aufzubauen, bedarf es immer einer Reflexion des eigenen Vorgehens. Daher sollte in der unterrichtlichen Einbindung dieser Apps darauf geachtet werden, dass diese angeregt und eingefordert wird.
Apps für den Mathematikunterricht
Elternbrief: Mathe-Apps
Die Nutzung verschiedener Apps ist nicht nur im Mathematikunterricht sinnvoll. Auch zu Hause beim Üben oder beim Lösen der Hausaufgaben können Apps die Kinder beim Lernen unterstützen. Aufgrund des großen Angebots an Mathematik-Apps ist es für Eltern jedoch schwierig zu entscheiden, welche App sie dafür auswählen sollten.
Dieser Elternbrief soll den Eltern einen Einblick über die verschiedenen Arten von Apps, sowie die Möglichkeiten und Grenzen bei deren Nutzung geben. Der Brief versteht sich als ein Beispiel, der je nach Adressaten angepasst werden sollte. Es kann möglicherweise auch zielführend sein, das Thema Apps an einem Elternabend zu thematisieren und den Elternbrief im Anschluss daran auszugeben oder auf Grundlage des Infoschreibens ein persönliches Gespräch zu diesem Thema zu führen.
Der Elternbrief spricht Darstellungsmittel an, die auch im PIKAS: Unterrichtsmodul: 'Elternarbeit' thematisiert werden. Daher macht die Ausgabe dieses Elternbriefes zum Thema Darstellungsmittel oder das Aufgreifen der Thematik im Rahmen eines Gespräches zusätzlich Sinn.
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